Vicious

Verrauchte Rockmusik von fünf Musikern aus Wien.
Odyssey

Vicious über sich

Hast a Tschick? Auch wenn einem irgendwelche Popakademie-Absolventen gern mal etwas anderes erzählen wollen: Wer von sich behauptet, Rockmusik zu spielen, ohne im Verlauf dieser Tätigkeit ein gewisses Mindestmaß an Glut und Rauch und Asche zu produzieren, der sollte sich vielleicht eine andere Passion suchen. Rock und Rauch, das gehört halt zusammen, so viel Retro muss sein.

Und vielleicht ist das auch der Grund, warum derzeit in Wien so wahnsinnig viel wahnsinnig gute Gitarrenmusik entsteht. Schließlich wird hier, in der kaiserlichen Residenzstadt, der jahrtausendealten Kulturtechnik des Rauchens allgemein noch mit einer Hingabe gefrönt, dass es eine gelbe Freude ist.

Womit wir bei Vicious wären. Die Existenz von Vicious nämlich kann als weiterer Beleg für die obige These herangezogen werden – Schließlich kommen Vicious aus Wien, rauchen leidenschaftlich und spielen wahnsinnig gute Gitarrenmusik.

Mit ihrer neuen EP Odyssey jedenfalls wecken Vicious berechtigte Hoffnungen, dass sie die große Traditionslinie des elegant-schwermütigen Düsterrock fortführen werden, die von den Doors über Joy Division bis zu den Editors führt.

Mal gehen sie dabei tanzbar zu Werke, wie im dreckig-lasziv swingenden Is She Worth It, dann jagen sie einem sinistre Synthies und bös kreischende Gitarrenriffs um die Ohren wie in Singularity. Und auf dem Titelstück Odyssey, da breiten Vicious dann plötzlich die Arme aus und lassen sich vornüber fallen in einen erhabenen Nachtflug-Refrain, wie man ihn nicht schöner hinbekommen kann. Über allem thront dabei der seelenkellertiefe Bariton von Maxím Eczyk, der sogar eine Zeile wie Hold on for another Miracle! nach Untergangsszenario klingen lässt.

Und der Hörer? der empfindet plötzlich dringende Bedürfnisse, die befriedigt werden müssen, auch wenn es womöglich nicht die gesündesten sind. Man bekommt Lust, das schickste Ausgehgewand überzuwerfen, sich in sauerstoffarme, halbdunkle Ecken zu stellen und mit lässig-nervösem Blick nach Drogenverkäufern Ausschau zu halten. Man möchte den schönsten, kältesten, unerreichbarsten Menschen des Abends antanzen, ihr oder ihm das eigene Herz zu Füßen legen, obwohl man weiß, dass sie oder er mit müdem Gesichtsausdruck die Light-Zigarette darin ausdrücken wird. Man will so jung sein, dass man sich um Alter, Krebs und Geldanlagen nicht sorgen muss, und doch so verbraucht und verloren, dass man eigentlich nur noch auf Wunder hoffen kann.

Hold on for another miracle!

Man hört Vicious und möchte rauchen. Jeder Mensch, dem es gelungen ist, sich ein kleines bisserl Kunstsinn, Geschmack und Stil in diesen faden Zeiten zu bewahren, der sollte wissen, dass dies eine der höchsten Lobpreisungen für Rockmusik ist, die es gibt. Also: Hast a Tschick?

Facts:

aus Wien | *2014

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